Tipp der Woche: KI-Kompetenzen mehr in den Fokus nehmen
Haufe Online Redaktion • 7. März 2025
Ob rechtliche Neuerungen, Personalstrategien für Krisenzeiten oder Führungsthemen: Jede Woche gibt die Online-Redaktion Personal HRlern und Führungskräften mit einem Praxistipp neue Anreize. Diese Woche mit dem Tipp, mehr Fokus auf KI-Kompetenzen zu legen.
Tipp von Gregory Rech, Volontär des Personalmagazins
Mehr Fokus auf KI-Kompetenzen legen: KI-Kurse boomen – das zeigen Daten des Online-Weiterbildungsanbieters Coursera. Demnach hat sich die Zahl der Anmeldungen zu Kursen, in denen der Umgang mit generativer KI geschult wird, branchenweit um 1.158 Prozent erhöht. Das klingt erst einmal vielversprechend, doch laut einer aktuellen Umfrage des Stifterverbands und McKinsey reicht das noch lange nicht aus: So geben acht von zehn Führungskräften an, dass es in ihrem Unternehmen an den notwendigen Kenntnissen fehlt, um das Potenzial von KI besser nutzen zu können. Dazu gehört etwa, neue Inhalte KI-basiert zu erstellen, sinnvoll und effizient zu prompten oder Entscheidungen datengetrieben treffen zu können. Welche Möglichkeiten es zur IT-Weiterbildung gibt und wie Vorreiterunternehmen dies angehen, lesen Sie in diesem Beitrag aus dem Personalmagazin neues lernen.
Hinzu kommt, dass die EU-Verordnung zur künstlichen Intelligenz seit Februar Arbeitgeber dazu verpflichtet, ihre Belegschaft im Umgang mit KI zu schulen. Welche Mitarbeitenden das betrifft, erfahren Sie hier.
Tipp von Melanie Rößler, Redakteurin beim Personalmagazin
Ausländische Fachkräfte aktiv anwerben: Die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland ist für die Sicherung des Fachkräftebedarfs von wachsender Bedeutung. Dennoch rekrutieren aktuell nur 6 Prozent der Betriebe in Deutschland aktiv Fachkräfte im Ausland, wie eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt. Während 58 Prozent der Betriebe dies nicht tun, weil sie keine Fachkräfte benötigen, nutzen 36 Prozent diese Möglichkeit nicht, obwohl sie Fachkräfte benötigen. Diese Betriebe begründen den Verzicht vor allem mit Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Qualifikation und mit rechtlichen Hürden. Hier bietet das Informationsportal für ausländische Berufsqualifikationen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Unterstützung. Das Portal bündelt auf einer Plattform alle relevanten Informationen zu ausländischen Berufsqualifikationen und Berufsbildungssystemen. Unternehmen finden hier Informationen, um beispielsweise im Ausland erworbene Qualifikationen und Abschlüsse von Bewerberinnen und Bewerbern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besser einschätzen zu können.
Auch die rechtlichen Hürden, vor denen sich die Unternehmen laut IAB-Studie scheuen, wurden in den vergangenen Jahren deutlich verringert. Unter anderem wurde auch das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse beschleunigt. Weitere Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für ausländische Fachkräfte finden Sie in unserem Beitrag zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz.
Tipp von Claudia Müller, Online-Redakteurin mit Schwerpunkt Diversity
Politische Spannungen am Arbeitsplatz vermeiden: Kurz vor der Bundestagswahl 2025 ist die Stimmung aufgeheizt. Die politischen Spannungen können sich auch am Arbeitsplatz bemerkbar machen. Was Arbeitgebern dabei zu denken geben sollte: Laut einer Umfrage von Owl Labs vom Juli 2024 haben 31 Prozent der Arbeitnehmenden in Deutschland das Büro schon einmal wegen politischer Meinungsverschiedenheiten gemieden.
Es ist selbstverständlich, dass am Arbeitsplatz zusammen mit unterschiedlichen Menschen auch unterschiedliche Wertvorstellungen aufeinandertreffen. Polarisierung aber belastet das Arbeitsklima. Wie Sie destruktive Polarisierung vermeiden und Meinungsvielfalt als Stärke nutzen können, lesen Sie hier.
Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, unter diesen Bedingungen Teamzusammenhalt zu stiften. Wie das gelingen kann, erfahren Sie in dieser Kolumne.
Tipp von Lisa Berger, Fachredakteurin für Sozialversicherungsrecht
Abgabepflichtige Entgeltzahlungen für das Jahr 2024 online melden: Alle abgabepflichtigen Unternehmen müssen bis zum 31. März 2025 melden, in welcher Höhe sie im Jahr 2024 Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen an selbstständig Tätige gezahlt haben. Die Künstlersozialkasse hat allen meldepflichtigen Unternehmen Anfang Januar den entsprechenden Meldebogen per Post zugeschickt. Mit dem Authentifizierungscode aus diesem Schreiben können Sie Ihre Meldung sicher und schnell online abgeben.
Das bietet einige Vorteile: Der Prozess ist einfach und so unbürokratisch wie möglich gestaltet. Außerdem werden Ihre Meldedaten durch Plausibilitätschecks vorgeprüft, was die Genauigkeit erhöht. Im Anschluss erhalten sie zudem direkt eine Bestätigung über Ihre Meldung und Ihre Daten werden schneller verarbeitet.
Sollten Sie die Online-Meldung nicht nutzen können oder wollen, laden Sie den Meldebogen für das Jahr 2024 einfach bei der Künstlersozialkasse herunter und schicken ihn ausgefüllt auf dem Postweg. Die Abrechnung der Künstlersozialabgabe erfolgt anschließend wie gewohnt über einen Bescheid, der Ihnen per Post zugestellt wird.
Weitere Informationen zur Künstlersozialabgabe erhalten Sie in diesem Top-Thema.
Tipp von Claudia Müller, Online-Redakteurin mit Schwerpunkt Diversity
Wahlinformationen für Mitarbeitende bereitstellen: Am 23. Februar ist Bundestagswahl. Unternehmen können das zum Anlass nehmen, Unterstützung für die Demokratie zu zeigen. So haben viele von ihnen zuletzt deutlich gemacht, dass ihnen die Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte und der Zulauf zu populistischen Parteien Sorge bereiten. Denn Parteien und Bewegungen, die demokratische Institutionen auszuhöhlen versuchen, untergraben auch das Fundament der sozialen Marktwirtschaft, auf dem Unternehmen in Deutschland stehen.
Was also können Unternehmen in Zeiten des Wahlkampfs konkret tun? Wie gelingt es ihnen, überparteilich über die Bundestagswahl zu informieren? Hier hilft der Wahlhelfer des Bundesverbands der Kommunikation (Bdkom) weiter. Der Leitfaden richtet sich an Unternehmen und Organisationen, fasst die wichtigsten Informationen zur Bundestagswahl verständlich zusammen und macht konkrete Handlungsvorschläge, wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden motivieren können, ihre demokratischen Möglichkeiten zu nutzen. Außerdem hat unsere Redaktion für Sie die Wahlprogramme analysiert und herausgearbeitet, was sich die Parteien in Sachen Arbeitsrecht vornehmen. Dem Thema Demokratiebildung widmet sich übrigens auch die aktuelle Ausgabe von "Personalmagazin neues lernen".
Tipp von Katharina Schmitt, Redakteurin Personalmagazin mit Schwerpunkt betriebliches Gesundheitsmanagement
Gesundheitsmanagement kostenlos checken lassen: Die jüngste Auswertung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bestätigt einen traurigen Rekord: Deutschland ist Fehlzeitenweltmeister. In keinem anderen Land auf der Welt ist die Anzahl der bezahlten Ausfalltage wegen Krankheit so hoch wie bei uns. Die wirtschaftliche Dimension dieses Missstands hat die Bundesanstalt für Arbeit und Arbetsschutz nun konkret beziffert: Sie schätzt, dass die Krankheitstage in Deutschland im Jahr 2023 Unternehmen 221 Milliarden Euro Ausfall an Bruttowertschöpfung gekostet haben. Hinzu kommen 76,7 Milliarden Lohnfortzahlungskosten, wir das IW errechnet hat. Das ist zuviel. Und eröffnet die Frage, warum Betriebe nicht endlich etwas gegen ihre steigenden Fehlzeiten unternehmen. Denn das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) stellt ganz hervorragende Instrumente zur Verfügung, um über mehr Prävention und gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten nachhaltig zu sichern. Doch diese werden kaum – oder falsch – eingesetzt.
Wer hier tatsächlich etwas ändern möchte, hat jetzt die Gelegenheit, sein BGM über die Teilnahme an unserer großen Studie #Whatsnext-BGM überprüfen zu lassen: Studienteilnehmende erhalten kostenlos einen individuellen Feedback-Report zum Stand des BGM in ihrem Unternehmen, der neben dem Vergleich mit den Studienergebnissen auch die eigenen Optimierungsmöglichkeiten aufzeigt. Die Befragung läuft noch bis zum 14. Februar 2025, am besten also direkt teilnehmen.
Tipp von Daniela Furkel, Redakteurin mit Schwerpunkt Ausbildung & Recruiting
Beim Berufsstart unterstützen: Kürzlich fand eine Befragung der Bertelsmann Stiftung heraus, dass Jugendliche viel früher eine Ausbildung beginnen könnten, wenn sie Hilfe beim Übergang von der Schule in die Ausbildung gehabt hätten – oder wenn es einen passenden Platz für sie gegeben hätte. Das heißt: Stellen Arbeitgeber eine individuelle Begleitung für junge Menschen bereit und verbessern sie ihre Angebote für Berufsorientierung und Bewerber-Matching, können sie ihre Ausbildungsplätze zuverlässiger besetzen. In einer Studie des Ifo-Instituts geben 41 Prozent der Unternehmen an, dass sie weniger Azubis als gewünscht haben. Gleichzeitig nehmen jährlich fast 250.000 Jugendliche an staatlich geförderten Maßnahmen teil, weil sie keinen Ausbildungsplatz finden. Laut Bertelsmann Stiftung wäre ein großer Teil von ihnen durchaus in der Lage, direkt eine Ausbildung aufzunehmen.
Wie wichtig eine gute Berufsorientierung für Jugendliche ist und welche Maßnahmen sich dafür eignen, lesen Sie hier. Auch die Weiterbildung der betrieblichen Ausbilder kann dazu beitragen, dass die die eigenen Ausbildungsangebote bei den jungen Menschen besser ankommen. Hier gibt es jedoch Nachholbedarf. Besonders stark wirken sich moderne Ausbildungsinhalte auf die Attraktivität der dualen Berufsausbildung aus. Beispiele, wie sich die Berufsausbildung besser an die Bedarfe der Wirtschaft angleichen kann, stellt das Personalmagazin im Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe 2/2025 zur Verfügung.
Tipp von Matthias Haller, Chefredakteur Personalmagazin
Zwischenmenschliche Kontakte pflegen: Jeder dritte Arbeitnehmer bzw. jede dritte Arbeitnehmerin (36 Prozent) in Deutschland fühlt sich während der Arbeit einsam. Das zeigt eine aktuelle Befragung der Jobplattform Indeed. Sie scheint auch einen weit verbreiteten Glaubenssatz zu bewahrheiten: Besonders einsam ist es an der Spitze. Denn unter Führungskräften fühlt sich sogar jede/r Zweite im Job allein, im Topmanagement sogar drei von vier Personen. Arbeiten viele Beschäftigte regelmäßig im Homeoffice, kann sich dieses Gefühl bei Führungskräften sogar noch verstärken - vor allem dann, wenn vertrauensvolle und wertschätzende Beziehungen und Begegnungen fehlen. Im schlimmsten Fall leiden Motivation, Produktivität und sogar die Gesundheit.
Deshalb sollten sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende darauf achten, insbesondere beim hybriden Arbeiten für regelmäßigen persönlichen Austausch zu sorgen. Denn zwischenmenschliche Kontakte lassen sich – zumindest auf Dauer – nicht ersetzen und sind essenziell für unser Wohlbefinden, egal ob Chefin oder Azubi.
Tipp von Lisa Berger, Fachredakteurin für Sozialversicherungsrecht
Rechtzeitig Erstattungssatz U1 wählen: Zum Jahreswechsel gibt es viele gesetzliche Änderungen, die Arbeitgeber beachten müssen. Dabei gerät oft das Wahlrecht des Erstattungssatzes zur Umlage U1 (bei Krankheit) in Vergessenheit. Doch Achtung: Wer das Wahlrecht nicht rechtzeitig ausübt, muss warten, denn die Höhe des Erstattungssatzes kann nur zu Beginn eines Kalenderjahres gewählt werden. Der Antrag zur Wahl des Erstattungssatzes muss bis zur Fälligkeit des Januar-Beitrags bei der Krankenkasse eingegangen sein. Für das Jahr 2025 ist dies der 29. Januar. Verpassen Sie diesen Termin nicht, um die finanzielle Belastung durch Arbeitsunfähigkeit Ihrer Mitarbeitenden zu minimieren.
Ihre Wahlmöglichkeiten: Einige Krankenkassen bieten verschiedene Umlagesätze für das U1-Verfahren an. Wählen Sie keinen dieser Umlagesätze, gilt der allgemeine Umlagesatz, der individuell von den Krankenkassen festgelegt wird. Bei Kassen mit mehreren Umlagesätzen können Sie einen geringeren oder höheren Erstattungssatz wählen, was sich entsprechend auf den Umlagesatz zur U1 auswirkt. Überprüfen Sie rechtzeitig die Angebote Ihrer Krankenkasse und wählen Sie den für Ihr Unternehmen passenden Erstattungssatz, um optimal von den Regelungen der Umlage U1 zu profitieren.
Eine Übersicht zu allen wichtigen Beitragssätzen der Sozialversicherung erhalten Sie hier.
Tipp von Melanie Rößler, Redakteurin Personalmagazin
Mit Künstlicher Intelligenz Inklusion fördern: Beschäftigte mit Behinderung gehören zu den engagiertesten Nutzerinnen und Nutzern von KI. 55 Prozent (verglichen mit nur 39 Prozent der übrigen Beschäftigten) setzen die Technologie am Arbeitsplatz als Sparringspartner ein, um Barrieren abzubauen, Probleme zu lösen und die Produktivität zu steigern. Das ergab die Studie "Understanding Talent Scarcity: Equity & AI" von Randstad, für die mehr als 12.000 Arbeitnehmende befragt wurden. Der Studie zufolge gibt es jedoch deutliche Lücken in der Unterstützung durch Unternehmen – sowohl was die Bereitstellung der entsprechenden Tools angeht als auch was eine entsprechende Qualifizierung im Umgang mit KI betrifft. Dabei wäre gerade hier Handeln angesagt, denn die Inklusion in deutschen Unternehmen ist rückläufig, wie das aktuelle Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch zeigt.
Wie KI dazu beitragen kann, den Arbeitsplatz inklusiver zu gestalten, lesen Sie in unseren Beiträgen "KI für eine inklusive Arbeitswelt" sowie "Die wichtigsten Technologien für einen barrierefreien Arbeitsplatz".
Tipp von Claudia Müller, Online-Redakteurin
Mit Mitarbeitergesprächen Wertschätzung zeigen: Wofür arbeite ich, welchen Effekt hat mein Handeln für den Unternehmenserfolg, wird meine Arbeit gesehen? Feedback ist unerlässlich, hilft es doch dabei, Mitarbeitende einzubinden, zu motivieren und Wertschätzung für die Qualität der Arbeit zu zeigen. Doch im Alltag vermeiden oder vergessen Vorgesetzte Lob und Kritik allzu häufig. So gaben laut Umfrage des Jobmesseanbieters Karrieretag.org mehr als 60 Prozent der Befragten ohne Führungsverantwortung an, kein Lob für ihre Arbeit zu erhalten. Unter den Führungskräften bleibt demnach jede zweite Person ungelobt.
Mitarbeitergespräche helfen durch ihre strukturiere Form, dass das so wichtige Feedback im Alltag nicht unter den Tisch fällt. Wir haben für Sie in unserem Topthema zusammengefasst, was bei der Vorbereitung eines Mitarbeitergesprächs zu beachten ist. Außerdem geben wir Ihnen einen Leitfaden an die Hand. Wenn Sie mehr wissen wollen zum Lob im betrieblichen Kontext, helfen Ihnen unsere drei goldenen Regeln für Wertschätzung im Beruf weiter.
Tipp von Daniela Furkel, Redakteurin mit Schwerpunkt Ausbildung & Recruiting
Mehr Mut bei Gehaltsangaben in Stellenanzeigen: Nur jede fünfte Stellenanzeige macht Angaben zum konkreten Gehalt oder einer zu erwartenden Gehaltsspanne. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Stellenmarkt-Auswertung der Personalmarktforschung Index Research. Demnach gaben Arbeitgeber zwischen Januar und September 2024 in rund 4,2 Millionen Stellenanzeigen konkrete Gehaltsinformationen an - was lediglich 21 Prozent des gesamten Anzeigenvolumens entspricht. Das wiederspricht jedoch den Wünschen der Jobsuchenden: Aus ihrer Sicht zählt die Gehaltsangabe zu den drei wichtigsten Aspekten, um mit Stellenanzeigen die richtigen Personen zu erreichen. Laut einer weiteren Studie gilt eine fehlende oder zu niedrige Gehaltsangabe in der Stellenausschreibung bei einem Viertel der Befragten sogar als K.-o.-Kriterium für eine Bewerbung. Arbeitgeber sollten ihr Schweigen zum Gehalt also nochmal überdenken, um Stellensuchende nicht bereits am Anfang des Recruitingprozesses von einer Bewerbung abzuschrecken.
Welche Inhalte und Formulierungen Jobsuchende zur Bewerbung motivieren, lesen Sie in unserem Beitrag "Stellenanzeigen korrekt formulieren".
Tipp von Andrea Schmitt, Online-Redakteurin
Neue Möglichkeiten zur Digitalisierung nutzen: Es hat für viel Unmut insbesondere in den Personalabteilungen gesorgt: das Schriftformerfordernis für den Nachweis der Arbeitsbedingungen. Doch das hat nun ein Ende, denn durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV und die damit verbundenen Änderungen im Nachweisgesetz können Arbeitsverträge künftig wirksam per E-Mail - sprich: papierlos - geschlossen werden. Ja, auch das Bürokratieentlastungsgesetz geht in vielen Bereichen nicht weit genug und erntet Kritik, die Abläufe durch die vielen verschiedenen Regelungen noch komplizierter statt einfacher zu machen. Doch denkt man rein an die Digitalisierung, schafft es doch einige neue Möglichkeiten auf dem Weg zum papierlosen Büro. Und diese sollten Unternehmen nun auch nutzen - wie zum Beispiel bei der Antragstellung auf Elternzeit, die neu ebenfalls in Textform statt in Schriftform erfolgen darf, oder im Bereich Ausbildung in Form der digitalen Übermittlung von Ausbildungsverträgen oder Ausbildungszeugnissen.
Tipp von Claudia Müller, Online-Redakteurin
Mitarbeitende für Cybersicherheit sensibilisieren: Die Zahl der digitalen Angriffe auf deutsche Unternehmen ist gestiegen. 74 Prozent der Firmen waren laut der Bitkom-Studie "Wirtschaftsschutz 2024" im vergangenen Jahr von Datendiebstahl betroffen. Zugenommen haben zudem die Fälle digitaler Sabotage von Informations- und Produktionssystemen bzw. Betriebsabläufen.
Nach wie vor eine relevante Sicherheitslücke dabei: Der Mensch. Für Arbeitgeber lohnt es sich also, ihre Mitarbeitenden in Sachen Datenpannen und Cybersecurity zu schulen. Der europäische Cybersecurity-Monat Oktober bietet dafür eine gute Gelegenheit. Insbesondere mittelständische Unternehmen in Deutschland haben hier Nachholbedarf. In einem unserer Beiträge erfahren Sie konkret, was HR zur IT-Sicherheit im Unternehmen beitragen kann.
Tipp von Melanie Rößler, Redakteurin beim Personalmagazin
Renter beschäftigen: Mehr als jede/r dritte Beschäftigte kann sich vorstellen, nach dem Renteneintritt zu arbeiten. Das ergab die aktuelle Beschäftigtenbefragung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). In Zeiten des Fachkräftemangels ist das eine gute Nachricht. Jüngst hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung eine Modellrechnung zum Beschäftigungspotenzial Älterer vorgestellt. Demnach könnten bis 2035 unter den 55- bis 70-Jährigen Arbeitskräfte im Umfang von 1,36 Millionen Vollzeitbeschäftigten gewonnen werden – wenn entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehörten laut DIW finanzielle Anreize, arbeitsrechtliche Erleichterungen, die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze, aber auch der Ausbau von Gesundheitsvorsorge, Pflege- und Betreuungsangeboten. Mit der sogenannten Wachstumsinitiative der Bundesregierung sollen solche Anreize geschaffen werden.

Den Urlaubsanspruch von Arbeitnehmenden richtig zu berechnen ist nicht immer ganz einfach. Hier gilt es Sonderfälle zu beachten. Wie wird der Urlaub berechnet, wenn der Sonntag ein regelmäßiger Arbeitstag ist? Was gilt für die Urlaubsberechnung bei Teilzeitbeschäftigten? Wie wird der Urlaubsanspruch bei Mutterschutz oder Elternzeit berechnet? Fragen bei der Berechnung der Urlaubsdauer stellen sich immer wieder. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage im Jahr bei einer Sechstagewoche. In vielen Fällen - nicht nur bei Teilzeitbeschäftigten oder Minijobbern, sondern auch bei vielen Vollzeitbeschäftigten - stimmt dies gar nicht mit den tatsächlichen Arbeitstagen überein und muss entsprechend angepasst werden. Dabei dürfen Arbeitgeber die Tage nicht einfach abrunden. Besonderheiten ergeben sich zudem bei Mutterschutz oder Elternzeit. Wie wird die Zahl der Urlaubstage richtig berechnet? Der Anspruch auf Erholungsurlaub bezieht sich laut Bundesurlaubsgesetz auf Werktage, wobei der Samstag als gesetzlicher Werktag gilt. Um den Urlaubsanspruch für die tatsächlichen Arbeitstage zu berechnen, muss der gesetzliche Urlaubsanspruch in Werktagen in Arbeitstage umgerechnet werden. Die Formel dazu lautet: Die Gesamtdauer des Urlaubs wird durch 6 dividiert und mit der Zahl der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitstage pro Woche multipliziert. Beispiel: 24 Urlaubstage / 6 Wochenarbeitstage x 5 tatsächliche Arbeitstage = 20 Urlaubstage In der Praxis werden die Urlaubstage zumindest im Arbeitsvertrag meist als Arbeitstage ausgewiesen. Damit entfällt die Umrechnung. Berechnung des Urlaubsanspruchs bei Teilzeit Teilzeitbeschäftigte haben Urlaub unter den gleichen Voraussetzungen und in entsprechendem Umfang wie vollbeschäftigte Arbeitnehmende. Man unterscheidet zwischen Teilzeitkräften, die täglich arbeiten, und jenen, die nur an einigen Tagen pro Woche arbeiten. Urlaub bei Teilzeit in Fünftagewoche Arbeitet ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin täglich, aber mit einer geringeren als der üblichen Stundenzahl, so gilt für die Berechnung des Urlaubs die gleiche Regelung wie bei Vollzeitbeschäftigten. Da dem Urlaubsrecht immer die tageweise Freistellung von der Erbringung der Arbeitsleistung zu eigen ist, führt allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmender zwar jeden Tag, aber mit einer geringen Stundenzahl arbeitet, nicht zur Verkürzung seines/ihres (nach Tagen gerechneten) Urlaubsanspruchs. Urlaubsanspruch bei nicht täglicher Teilzeitarbeit Werden Teilzeitbeschäftigte hingegen nicht täglich beschäftigt, ist die Anzahl der Urlaubstage in dem Verhältnis anzupassen, in dem die tatsächlichen Beschäftigungstage zu den Werktagen des Kalenderjahres stehen. Beispiel: Urlaubsberechnung Teilzeit Ein Arbeitnehmer hat einen tarifvertraglichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen bei einer Fünftagewoche, arbeitet aber in Teilzeit an 2 Arbeitstagen wöchentlich: 30 Urlaubstage / 5 Wochenarbeitstage x 2 Arbeitstage = 12 Arbeitstage Urlaub Achtung: Die 12 Arbeitstage Urlaub sind immer nur auf die Tage der Woche anzurechnen, an denen der Arbeitnehmende arbeiten müsste (z. B. Dienstag und Donnerstag). Die übrigen Tage sind ohnehin frei. Der Arbeitnehmende hat dann im Ergebnis 6 Wochen Urlaub, wie ein Vollzeitbeschäftigter. Urlaubsanspruch bei Mutterschutz berechnen Das Mutterschutzgesetz gilt für alle Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen - auch für Azubis, arbeitnehmerähnliche Personen oder Werkstudentinnen. Während eines Zeitraums von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung dürfen sie nicht beschäftigt werden. Ausfallzeiten während mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote zählen als Beschäftigungszeiten und dürfen nicht auf den Erholungsurlaub angerechnet werden. Der Urlaubsanspruch bleibt für diese Zeit komplett erhalten. Nach gängiger Rechtsprechung darf nicht genommener Urlaub gemäß § 24 Satz 2 MuSchG nach Ende des Mutterschutzes oder gemäß § 17 Abs. 2 BEEG nach einer sich an den Mutterschutz anschließende Elternzeit, im laufenden oder im Folgejahr genommen werden. Das gilt laut BAG auch für Urlaub, den eine Arbeitnehmerin bei mehreren Beschäftigungsverboten hintereinander ansammelt. Elternzeit: Urlaubsanspruch berechnen Anders als beim Mutterschutz darf Urlaubsanspruch wegen einer Elternzeit von Arbeitnehmenden gekürzt werden. § 17 Abs. 1 BEEG regelt, dass der Arbeitgeber den bezahlten Erholungsurlaub, der der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr aus dem Arbeitsverhältnis zusteht, für jeden vollen Monat, für den Elternzeit in Anspruch genommen wird, um ein Zwölftel kürzen darf. Dies ist auch mit Europarecht vereinbar. Aber nur der "Erholungsurlaub" kann nach § 17 Abs. 1 BEEG vom Arbeitgeber gekürzt werden. Sobald der Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch übergegangen ist, ist laut BAG eine Kürzung nicht mehr möglich. Erforderlich ist zudem, dass der Arbeitgeber die Kürzung erklärt; sie tritt nicht automatisch ein. Wie wird der Urlaub berechnet, wenn der Sonntag ein regelmäßiger Arbeitstag ist? Sonntage und Feiertage werden in der Regel nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet. Anders sieht es allerdings aus, wenn der betreffende Arbeitnehmer regelmäßig an Sonntagen oder Feiertagen arbeitet, beispielsweise im Schichtdienst oder in der Gastronomie. Dann gelten die Sonntage und Feiertage als Werktage und werden als Urlaubstage gezählt. Kann der Arbeitgeber den Urlaub kürzen oder widerrufen? Den Zeitraum des Urlaubs festzulegen ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers. Dennoch muss er, soweit wie möglich, die Wünsche der Mitarbeitenden berücksichtigen. Nur unter bestimmten Voraussetzungen darf der Arbeitgeber Betriebsferien anordnen. (Was Arbeitgeber dabei beachten müssen, lesen Sie in der News "Wann Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen können"). Ist der Urlaub einmal festgelegt, so kann dies regelmäßig weder durch einseitige Erklärung des Arbeitnehmenden (Verzicht) noch durch eine solche des Arbeitgebers rückgängig gemacht werden. Ist eine nachträgliche Änderung beabsichtigt, bedarf es vielmehr einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Dies gilt sowohl für Änderungswünsche des Arbeitnehmenden als auch dann, wenn der Arbeitgeber sich aus betrieblichen Gründen außerstande sieht, den Urlaub zu der festgelegten Zeit zu gewähren. Lesen Sie hier, wie Arbeitgeber den Urlaub rechtmäßig festlegen.

Eine tarifliche Regelung, die besagt, dass Beschäftigte im Einzelhandel Mehrarbeitszuschläge erst nach dem Überschreiten der Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte erhalten, diskriminiert Teilzeitbeschäftigte. Das hat das LAG Berlin entschieden. Vor Kurzem entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass tarifvertragliche Regelungen, die bei Überstundenzuschlägen nicht auf die individuelle Arbeitszeit abstellen, Teilzeitkräfte und damit in vielen Bereichen Frauen diskriminieren. Das LAG Berlin entschied im vorliegenden Fall, dass eine tarifvertragliche Regelung, nach der sämtliche Beschäftigte einschließlich der Teilzeitbeschäftigten Mehrarbeitszuschläge erst ab der Überschreitung der Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte erhalten, eine gesetzlich verbotene Diskriminierung der Teilzeitbeschäftigten darstelle. Rechtsfolge sei die gerichtliche "Anpassung nach oben": Somit müsse die Überschreitung ihrer individuellen Wochenarbeitszeit auch bei Teilzeitbeschäftigten die tarifvertragliche Zuschlagspflicht auslösen. Dabei setzte es sich auch mit der kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auseinander. Das BverfG hatte darin deutlich gemacht, dass im Hinblick auf die Tarifautonomie vor einer gerichtlich festgesetzten Anpassung nach oben grundsätzlich den Tarifvertragsparteien vorrangig eine Korrektur ermöglicht werden soll. Der Fall: Teilzeitmitarbeiterin verlangt Überstundenzuschläge Die Mitarbeiterin arbeitete in Teilzeit im Verkauf für ein Einzelhandelsunternehmen. In einem Zeitraum von sechs Monaten leistete sie über ihre vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit hinausgehend 62 Arbeitsstunden, jedoch in keiner Woche mehr als 38 Arbeitsstunden. Erst wenn die tarifliche Wochenarbeitszeit, die bei 38 Stunden liegt, überschritten wird, also ab der 39. Wochenstunde, erhalten Beschäftigte einen Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent. Diese Grenze sieht der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten im Einzelhandel im Land Brandenburg (MTV) für die Zahlung von Mehrarbeitszuschlägen vor. Diskriminierend gegenüber Teilzeitbeschäftigten sei diese Regelung, fand die Arbeitnehmerin und verlangte mit ihrer Klage die Zahlung von Überstundenzuschlägen für 62 Stunden. Der Arbeitgeber verweigerte dies und verwies dabei auf die tarifvertragliche Regelung und den grundgesetzlichen Schutz der Tarifautonomie. LAG Berlin: Regelung diskriminiert Teilzeitbeschäftigte Das LAG Berlin stellte fest, dass die Regelung im Manteltarifvertrag (MTV) Teilzeitbeschäftigte benachteiligt. Dies folge daraus, dass der MTV eine einheitliche Untergrenze für Mehrarbeitszuschläge aufstelle, ohne die verringerte Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten durch angepasste Auslösegrenzen zu berücksichtigen. Diese Benachteiligung sei nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt, entschied das LAG Berlin. Insbesondere ergebe sich keine Rechtfertigung aufgrund der arbeitsschutzrechtlichen Begrenzungen der Arbeitszeit, die das Einzelhandelsunternehmen herangezogen hatte. Denn die tarifvertragliche Regelung zu Mehrarbeitszuschlägen stelle auf die Überschreitung der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit ab und damit gerade nicht auf die Überschreitung der regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit von acht Arbeitsstunden oder der gesetzlichen Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden. Individuelle Auslösegrenzen für Teilzeitbeschäftigte Rechtsfolge sei die gerichtliche "Anpassung nach oben", was bedeute, dass auch bei Teilzeitbeschäftigten die Überschreitung ihrer individuellen Wochenarbeitszeit die tarifvertragliche Zuschlagspflicht auslösen müsse. Das LAG Berlin nahm in seiner Urteilsbegründung Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Dezember 2024, Az. 1 BvR 1109/21. Danach sei zwar im Falle eines Verstoßes gegen den grundgesetzlich verankerten allgemeinen Gleichheitssatz grundsätzlich eine tarifvertragliche Korrektur durch die Tarifvertragsparteien vorrangig vor einer gerichtlich festgesetzten Anpassung nach oben zu ermöglichen - gegebenenfalls durch die Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens. Für den Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot zulasten von Teilzeitbeschäftigten aus § 4 Absatz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) begründet dies nach Meinung des Gerichts aber nicht die Aussetzung des Verfahrens. Eine solche Verfahrensaussetzung, um den Tarifvertragsparteien die Korrektur des Tarifvertrags zu ermöglichen, sei jedenfalls dann nicht geboten, wenn – wie hier – ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zulässig sei. Das LAG Berlin hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Hinweis: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Mai 2025, Az. 12 Sa 1016/24

Viele Beschäftigte gehen in Rente, zu wenig Jüngere kommen nach. Besonders in einigen Berufen könnte sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt erheblich verschärfen, wie eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) dürfte sich die Fachkräftelücke in Deutschland in den kommenden Jahren deutlich vergrößern. 2028 könnten voraussichtlich 768.000 Stellen nicht mit ausreichend qualifizierten Fachkräften besetzt werden. 2024 waren es im Schnitt 487.000. Prognose: 2028 fehlen 768.000 Fachkräfte "Hauptgrund ist der demografische Wandel. Viele Menschen gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand", sagt Studienautor Jurek Tiedemann. "Wenn wir es nicht schaffen, den Mangel abzufedern, wird das künftig für noch mehr Menschen im Alltag spürbar sein." Wenn Kita- und Pflegeplätze fehlten, könnten Beschäftigte ihre Arbeitszeit nicht erhöhen, weil sie sich um Kinder und Angehörige kümmern müssten. Fachkräftemangel: Größte Engpässe in Verkauf, Kindererziehung und Pflege Die Studienautoren haben anhand der Daten von 2023 und der Trends der vergangenen Jahre untersucht, wie sich die Arbeitsmarktsituation in 1.300 Berufen weiter entwickelt. Die größten Engpässe drohen bei Verkäufern. Die Fachkräftelücke dort könnte von mehr als 12.900 auf 40.470 wachsen. Zu wenig junge Menschen entschieden sich für eine Ausbildung im Verkauf, so Tiedemann. Auf dem zweiten Platz folgen Kindererzieherinnen und -erzieher mit rund 30.800 Stellen, die nicht besetzt werden können. Dahinter liegen Sozialarbeit und -pädagogik mit mehr als 21.150 sowie Gesundheits- und Krankenpflege mit gut 21.350. Starke Zunahme der Beschäftigtenzahl in IT-Berufen Die Experten haben auch untersucht, in welchen Berufen die Zahl der Beschäftigten am stärksten steigen und sinken könnte. Den größten Zuwachs gibt es in der Kindererziehung. Bis 2028 werden voraussichtlich knapp 143.400 Stellen mit entsprechendem Personal neu besetzt werden können. Dies wird den Autoren zufolge jedoch nicht reichen, um den Bedarf zu decken. Einen erheblichen Anstieg von 26 Prozent wird es zudem in IT-Berufen geben. Grund dafür ist die Digitalisierung. Größter Rückgang in Metallberufen und im Bankwesen Den größten Rückgang erwartet das IW in Metallberufen. Dort könnte die Zahl der ausgebildeten Fachkräfte bis 2028 um knapp 161.200 Stellen sinken. Viele Beschäftigte scheiden aus dem Berufsleben aus und zu wenig Nachwuchs kommt nach. Ein außerordentlich großer Schwund wird auch bei ausgebildeten Bankkaufleuten prognostiziert. Die Zahl der Beschäftigten sinkt demnach um etwa 56.300. "Das Bankwesen wird automatisiert. Filialen werden geschlossen und Schalter gibt es immer seltener. Deshalb wird weniger Personal benötigt", sagt Tiedemann.

Jüngere Beschäftigte müssen mit Vorurteilen am Arbeitsplatz kämpfen: Nach dem neuen DAK-Gesundheitsreport senken Zweifel an ihrer Belastbarkeit die Arbeitszufriedenheit. Doch die Studie zeigt auch: Die Gen Z hat gute Gründe für einen veränderten Umgang mit Gesundheit - und sie fehlt weit weniger als ältere Beschäftigte. Mitarbeitende unter 30 Jahren leiden besonders unter Generationenkonflikten im Beruf. Das zeigt der neue DAK-Gesundheitsreport "Gen Z in der Arbeitswelt". Die Studie beleuchtet die Arbeitszufriedenheit Beschäftigter unter 30, der sogenannten Gen Z, und zeigt Aspekte im Berufsleben auf, die für die junge Generation wichtig sind. Danach erlebe zwar rund jeder vierte Beschäftigte in Deutschland bei der täglichen Arbeit Spannungen zwischen verschiedenen Altersgruppen. Doch gerade die jüngeren Beschäftigten, die das mit 28 Prozent etwas häufiger erleben, fühlten sich dadurch stark oder sehr stark belastet. Im Gesundheitswesen und im Erziehungsbereich ist der Anteil der Betroffenen mit jeweils 30 Prozent am größten. Generationenkonflikte im Betrieb Das wirkt sich auf die Arbeitszufriedenheit aus: Fast ein Drittel der Beschäftigten, die im Joballtag von Generationenkonflikten verschont bleiben, geben an, vollkommen zufrieden zu sein, bei den anderen ist es nur ein Fünftel. Insgesamt zeigen aktuell nur noch 26 Prozent der unter 30-Jährigen eine hohe Arbeitszufriedenheit. Zum Vergleich: Bei einer früheren Befragung waren die damals jungen Beschäftigten noch zu 43 Prozent vollkommen zufrieden. Nach den Auswertungen der DAK treten Generationskonflikte am häufigsten in Teams auf, die im Schwerpunkt ältere Mitarbeitende haben. 44 Prozent der jüngeren Beschäftigten sind in solchen Teams zumindest hin und wieder von Spannungen betroffen. Umgekehrt berichten auch in hauptsächlich aus jungen Beschäftigten bestehenden Teams Beschäftigte ab 50 Jahren zu höheren Anteilen (28 Prozent) von Generationenkonflikten. Gen Z: anderer Umgang mit Krankheiten Doch woran liegt das? "Bei den Konflikten zwischen den unterschiedlichen Generationen spielen meist Vorurteile oder Klischees eine Rolle", erklärt Prof. Volker Nürnberg, Experte für Betriebliches Gesundheitsmanagement und Mitherausgeber des DAK-Gesundheitsreports. So werde der Gen Z häufig mangelnde Belastbarkeit oder Überempfindlichkeit, die sich in hohen Fehlzeiten zeige, vorgeworfen. Tatsächlich zeigt die neue Gesundheitsstudie aber ein ganz anderes Bild: Zwar sind Beschäftigte unter 30 tatsächlich häufiger krank, dies aber öfter nur kurz – so dass der Krankenstand der Gen Z mit 4,7 Prozent wesentlich unter dem durchschnittlichen Krankenstand aller Beschäftigten (5,4 Prozent) liegt. Die Studienautoren sehen den Grund dafür in einem nachweislich anderer Umgang der Gen Z mit Krankheiten: So geben beispielsweise 54 Prozent der Beschäftigte unter 30 Jahren an, seit der Pandemie generell vorsichtiger im Umgang mit Infekten zu sein, ein Viertel lässt sich bei Erkältungssymptomen eher krankschreiben. Von den Beschäftigten über 30 geben lediglich 48 Prozent an, sich vorsichtiger zu verhalten; eher krankschreiben lassen sich bei Erkältungssymptomen 14 Prozent. "Von den Kollegen werden in solchen Fällen aber häufig nur die Fehlzeiten im Sinne eines 'jetzt fehlt der oder die schon wieder' wahrgenommen", erklärt Nürnberg. Die positiven Effekte, die eine rechtzeitige Gesundheitsfürsorge und ein vermindertes Ansteckungsrisiko durchaus auch haben können, würden dagegen kaum gesehen. Arbeitseinstellung der Gen Z: weit besser als ihr Ruf Auch Zuschreibungen, dass jüngere Beschäftigte besonders anspruchsvoll sind, lassen sich durch die Studie nicht bestätigen. Tatsächlich zeigt der Report: Grundsätzlich hat die Gen Z bezüglich ihrer Arbeit keine auffälligen Ansprüche. Bei ihnen steht ein gutes Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen ebenso auf Platz eins wie bei allen anderen Beschäftigten. Auf Platz zwei folgt eine attraktive Bezahlung und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben auf Platz drei. Die unter 30-Jährigen halten jedoch die Bezahlung mit 62 Prozent zu einem größeren Anteil für sehr wichtig als die Gesamtheit aller Beschäftigten mit 52 Prozent. Wie die Analyse zeigt, ist für die Bewertung verschiedener Aspekte von Arbeit weniger die Generationszugehörigkeit als die jeweilige Lebens- oder Erwerbsphase entscheidend. Vorurteile abbauen in generationengemischten Teams "Die neue DAK-Studie ist ein Seismograf der modernen Arbeitswelt: Die Ergebnisse zeigen den Handlungsbedarf auf, damit junge Beschäftigte im Job gesund und zufrieden bleiben", sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. "Die Gen Z ist stärker durch Generationenkonflikte belastet. Es ist wichtig für Arbeitgeber, Verständnis für die junge Generation zu entwickeln und gezielt ein gesundes Miteinander in der Belegschaft zu fördern. Das Erfolgsmodell der Zukunft sind generationengemischte Teams. Wir müssen in den Unternehmen an einer Generationenbrücke arbeiten." In Anbetracht des demografischen Wandels helfe das Heraufbeschwören von Generationenkonflikten nicht weiter, ergänzt Nürnberg. Aufgabe der Unternehmen sei es, junge Menschen beim Eintritt in die Arbeitswelt so gut zu unterstützen, dass sie auch langfristig ihre Potenziale entfalten könnten.

"Gerne per Du" steht in vielen E-Mail-Signaturen, auf Namensschildern und ist teils fest verankert in der Unternehmenskultur. Doch das geht mitunter zu Lasten von Beziehung und Respekt, schreibt Kolumnist Boris Grundl. Er plädiert für einen bewussten Umgang mit Ansprachen. Wird in einem Unternehmen, das "Du" verordnet – ohne den Wert Respekt klar zu definieren – öffnet man die Tür für egoistisches Verhalten. Unreflektierte Menschen erhoffen sich durch das "Du" persönliche Vorteile. Das ist kein Vorwurf, sondern eine oft gemachte Beobachtung und zutiefst menschlich. Das "Du" weckt häufig falsche Ansprüche. Siezen schützt die Mitarbeitenden erst einmal davor, dieser Versuchung zu erliegen. Das "Du" war nicht immer selbstverständlich, sondern eine bewusste Entscheidung "Du oder Sie?" Zwei kleine Wörter, kaum mehr als ein Hauch im Satz – und doch lösen sie eine Welle aus. Als ich auf LinkedIn einen Beitrag dazu veröffentlichte, rechnete ich mit ein paar Kommentaren. Es wurden über 1,5 Millionen Impressions. Und das sagt viel über unsere Zeit. Denn diese zwei Worte stehen nicht nur für Sprachgewohnheiten. Sie stehen für ein ganzes Weltbild. Für Nähe oder Distanz. Für Selbstbild und Menschenbild. Für die Art, wie wir miteinander umgehen – und wie wir uns selbst verstehen. Ich bin in einer Zeit groß geworden, in der das "Sie" noch normal war. Es bedeutete: Respekt. Abgrenzung. Klarheit. Es hatte mit Rolle zu tun – und mit Verantwortung. Das "Du" war eine Einladung. Nicht selbstverständlich. Nicht beliebig. Sondern eine bewusste Entscheidung für Beziehung. Heute dreht sich das. Wir leben in einer Zeit, in der alles schnell gehen muss. Klartext, Tempo, Augenhöhe – das klingt gut. Und darum wird fast überall geduzt. Das "Du" schafft falsche Verbundenheit Aber je länger ich das beobachte, desto klarer wird mir, wie häufig das "Du" als Marketinginstrument eingesetzt wird: ein schneller Weg zur Vertrautheit. Ein psychologischer Shortcut. Ein sprachliches Schulterklopfen, das Nähe simuliert, aber keine trägt. Doch so verwechseln wir Nähe mit Beziehung. Und wir unterschätzen, was Sprache auslösen kann. Es ist ein Irrglaube, dass uns das Duzen automatisch verbindet. Denn in Wahrheit ist Vertrautheit keine Sache des Vokabulars. Sondern des Verhaltens. Der Haltung. Der Tiefe. Und genau das ist gefährlich. Denn wenn Sprache Vertrauen vorgaukelt, wird Beziehung beliebig. Und Menschen fühlen sich überrumpelt. Viele Unternehmen führen das "Du" ein – und hoffen auf Teamgeist. Aber wenn das Fundament nicht stimmt, führt das „Du“ nicht zur Verbindung – sondern zur Irritation. Was mir fehlt, ist Differenzierung. Denn es geht nicht darum, ob "Du" oder "Sie" besser ist. Sondern wie bewusst wir mit beiden umgehen. Ich erinnere mich an Gespräche, in denen mich jemand siezte – und ich mich zutiefst gesehen und respektiert fühlte. Und ich erinnere mich an Gespräche im "Du", in denen die emotionale Distanz kaum größer hätte sein können. Sprache ist nie neutral. Sie ist ein Spiegel unseres Denkens. Und wenn wir uns bewusst machen, wie wir anreden, fragen wir uns automatisch: Was bedeutet mir dieser Mensch? Was bedeutet mir Beziehung? Was bedeutet mir Achtung? Die Ansprache sollte eine bewusste Form der Beziehungsgestaltung sein Manche Menschen nutzen das "Du", um schneller an andere heranzukommen. Unbewusst. Aber sie tun es. Sie denken: "Wenn wir gleich per Du sind, ist alles locker." Doch genau hier beginnt das Problem. Nähe ersetzt keine Haltung. Und das "Du" ersetzt keinen Respekt. Das "Sie" ist nicht altmodisch. Es ist eine Option. Eine bewusste Form der Beziehungsgestaltung. Kein Bollwerk. Kein Machtmittel. Kein Rückschritt. Sondern: eine Wahl. Und vielleicht brauchen wir genau das wieder mehr: Wahlfreiheit in der Sprache. Nicht das "Du" als Pflicht. Nicht das "Sie" als Grenze. Sondern das richtige Maß zur richtigen Zeit. Ich selbst habe mich lange dagegen gewehrt, dieses Thema überhaupt ernstzunehmen. Aber inzwischen bin ich sicher: Diese Diskussion ist mehr als Semantik. Sie ist ein Indikator. Für unsere Unsicherheit im Umgang mit echter Nähe. Für unsere Sehnsucht nach Augenhöhe – und unsere Angst davor, sie zu definieren. Deshalb sage ich heute bewusst: Ich duze viele Menschen. Ich sieze viele andere. Nicht aus Prinzip. Sondern aus Respekt. Wenn wir aufhören, Sprache zu missbrauchen, und anfangen, sie bewusst zu gebrauchen, könnte sich vielleicht etwas verändern: in unseren Gesprächen. In unseren Beziehungen. In unseren Unternehmen. Und vielleicht auch – in unserer Gesellschaft. Was denkst Du? Oder … darf ich noch sagen: Was denken Sie? Über den Kolumnisten: Boris Grundl ist Führungskräftetrainer und gilt bei Managern und Managerinnen sowie Medien als "Der Menschenentwickler" (Süddeutsche Zeitung). Er ist Inhaber des Grundl Leadership Instituts, das Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Dafür erforscht, testet und lehrt das Institut hochwertige, praxisrelevante Unterscheidungen - als Voraussetzung für Wahrnehmung und Erkenntnis.

Stagnierende Wirtschaft, geopolitische Spannungen – haben Führungskräfte noch etwas zu lachen? Coaches und Wissenschaftler sind sich einig: Humor ist in fast jeder Situation ein wirksames Führungsinstrument. Humor schweißt Teams zusammen. Doch es gibt Grenzen. Wenn diese überschritten werden, sind Witze nicht mehr witzig. Wo liegen sie? Der Chef kommt morgens mit einem Witz auf den Lippen ins Büro, über kleine Fehler wird wohlwollend gelacht. Ist das angebracht? Vor allem in einer Situation, in der nichts mehr sicher scheint? Die Wirtschaft beklagt eine Rezession, die Politik erlebt ungeahnte Umwälzungen, der Klimawandel schreitet voran. Eine Situation also, die Ernsthaftigkeit verlangt. Coaches und Wissenschaft behaupten das Gegenteil: Gerade jetzt ist Humor angebracht und wichtig. Seit 15 Jahren gibt Eva Ullmann, Leiterin des Deutschen Instituts für Humor in Leipzig, Workshops in Unternehmen. Sie bestätigt die Bedeutung von Humor gerade in schwierigen Zeiten: "Die Nachfrage ist immer hoch. Derzeit besonders begehrt sind die Trainings für ‚Humor in stürmischen Zeiten‘." Umdeuten von Situationen "Humor ist ein Schmiermittel", sagt Ullmann. Er diene dazu, Dinge zu reflektieren, Unbekanntes auszuprobieren und Neues zu lernen. Sie beginnt ihre Workshops gerne mit einem Spruch: "Ich freue mich, heute hier zu sein, ob Sie sich freuen, wird sich noch herausstellen." Schon ist das Eis gebrochen. Die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden ist ihr sicher. Die Institutsleiterin betont: "Das muss wohlwollend ausgedrückt werden. Das ist ein zentraler Grund, dieser Satz am Anfang funktioniert. Ich mag mein Publikum." Sie setzt hinzu: "Das muss auch meine Haltung und meine Körpersprache ausdrücken." Ullmann ist der Meinung, dass jeder Mensch Humor erlernen könne, falls er nicht ohnehin von Natur aus ein Talent dafür besitze. Humor könne sowohl angeboren als auch erlernt sein. Sie ist überzeugt davon, dass Humor in der Evolution entstanden sei, weil er eine wichtige Aufgabe habe. "Humor kann einer angespannten Situation den Druck nehmen." In ihren Workshops lehrt sie, den Humor gezielt zu nutzen. Ein wichtiges Stilmittel dazu ist die Umdeutung von Situationen: Wenn der Beamer ausfalle, ist der eben schon in Feierabend. Wenn jemand ein Glas fallen lasse, passt der Spruch: "Sie können aber gut loslassen." Schon ist die vermeintlich negative Situation in einem positiven Sinne interpretiert. "Wenn man einmal verstanden hat, wie das Prinzip des Umdeutens funktioniert, ist es leicht anzuwenden", erklärt Ullmann. Dabei sei es wichtig, den anderen gut dastehen zu lassen. Ein Beschämen oder Abwerten müsse unbedingt vermieden werden. Grenzen von Humor Vorsicht sei geboten bei Sarkasmus oder schwarzem Humor, auch bekannt als britischem Humor. "Ein aggressiver Humor erzeugt Distanz", weiß Ullmann. Wohlwollender Humor hingegen sorge für menschliche Nähe. Sie rät Führungskräften zur Zurückhaltung. "Als Chef muss ich nicht der lustigste Mensch im Raum sein, aber ich muss Humor moderieren können." Der Teamleiter müsse darauf achten, dass alle einbezogen werden. Ein Menschen mit einer Neurodivergenz, etwa aus dem Autismusbereich, könne Witze manchmal nicht als solche verstehen, dann müsse der Chef eben für eine Übersetzung sorgen. Prinzipiell sieht Ullmann keine Grenzen für Humor, empfiehlt aber, immer darauf zu achten, dass niemand diskriminiert werde. Humor als Objekt der Wissenschaft "Wir wissen heute mehr über Humor als vor etwa 30, 40 Jahren", sagt Ullmann. Das liegt auch daran, dass Humor zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung erhoben wurde. Professorin Tabea Scheel, Arbeits-und Organisationspsychologin an der Europa-Universität Flensburg, befasst sich mit diesem Thema. Sie sieht es als Aufgabe von Führungskräften, mit Humor die Sympathie der Mitarbeitenden untereinander und den Zusammenhalt im Team zu stärken. "Wir gehen gerne dahin, wo gelacht wird", sagt sie. Dennoch: Es sei nicht nötig, als Führungskraft Witze zu erzählen. Vielmehr genüge es, Humor nicht zu unterdrücken, wenn er spontan aufkomme. Der Versuch, verzweifelt humorvoll zu sein, gerate meistens schief. "Es ist viel wichtiger, dass die Führungskraft lernt, ihren eigenen Humor richtig einzuschätzen." Das sei nicht so leicht, denn aufgrund des Hierarchiegefälles erhalten Teamleitungen selten ehrliche Rückmeldungen. Wenn die Chefin einen Witz macht, wird gelacht, egal, ob der Spruch lustig war oder nicht. Hier sind also Einfühlungsvermögen und Reflexion gefragt. Es sei Vertrauen nötig, um sich mit dem Team darüber zu unterhalten, welche Art Humor wirklich ankomme. Aggressiver Humor sei meistens deplatziert am Arbeitsplatz, sagt Scheel. Hinzu kommt: Wer sich selbst durch Witze abwerte, grabe sich das Wasser ab und verliere an Autorität. Humor ist individuell verschieden Nun erwartet niemand, dass ein introvertierter Mensch bei jeder Morgenbesprechung einen Sketch vorführe. "Humor ist individuell", sagt die Professorin, "aber das Beruhigende ist, dass es so viele Arten von Humor gibt." Als Wissenschaftlerin nutzt sie Umfragen, um die Wirkung von Humor zu erforschen. Studien zeigen, dass Kinder vor einer Operation entspannter sind, wenn zuvor Clowns in der Klinik aufgetreten sind. Andere Forschungsprojekte untersuchen, ob es Seniorinnen und Senioren besser geht, wenn regelmäßig Clowns in ihrem Heim auftreten. Grenzen von Humor sieht Tabea Scheel, wenn sich Witze im Team wieder und wieder auf die gleiche Person beziehen. "Das grenzt an Mobbing." Hier müsse der Chef einschreiten, denn die Person, die betroffen sei, könne sich selbst nicht wehren: "Sonst gilt sie als beleidigte Leberwurst." Männer witziger als Frauen Untersuchungen haben gezeigt, dass Männer eher über Witze lachen und Frauen eher über Situationskomik. Die Wissenschaft hat außerdem gefragt, ob Männer oder Frauen lustiger sind. Probandinnen und Probanden wurden gebeten, leere Sprechblasen in Cartoons auszufüllen. Im Schnitt fanden Testpersonen die Sprüche der Männer witziger als die der Frauen. "Aber das ist nur der Durchschnitt", warnt Scheel vor falschen Interpretationen der Ergebnisse. "Natürlich ist mitunter eine individuelle Frau humorvoller als ein bestimmter Mann." Wenn man einer evolutionshistorischen Erklärung folgen möchte, kann Humor als Werbeverhalten von Männern gesehen werden. Sie möchten Frauen zum Lachen bringen, um attraktiv zu erscheinen. "Die Befundlage ist jedoch unsicher", relativiert Scheel. Stereotypen beim Einsatz von Humor Sie warnt, für weibliche Führungskräfte sei der Einsatz von Humor zweischneidig. Während Männer als entspannt und selbstbewusst erscheinen, wenn sie Witze machen, erwartet man von weiblichen Führungskräften eher eine fürsorgliche und mütterliche Rolle. "Humor kann bei Chefinnen als störend empfunden werden", sagt Scheel. "Denn er entspricht nicht den Stereotypen." Daraus sei keineswegs abzuleiten, dass Frauen ihren Humor unterdrücken sollten, sondern dass mehr Frauen in Führungspositionen aufrücken müssten, um gesellschaftliche Stereotypen zu überwinden. Weibliche Führungskräfte sollten sich allerdings bewusst sein, dass diese existieren. Wer lacht über was? Nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern auch zwischen den Kulturen gibt es Unterschiede im Humor. In Asien sei der Humor eher selbstironisch, erklärt die Psychologin. In den USA sei ein aggressiver Humor okay, da er als Zeichen für Durchsetzungskraft gelte. Bei Dienstreisen ist also Vorsicht geboten, denn nicht in jedem Land wird über das gleiche gelacht. Das Ziel von Humor ist aber oft gleich: Er will eine Zusammengehörigkeit erzeugen. An der Universität Zürich forscht Willibald Ruch, Professor für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik, zum Thema "Humor". Über 200 Artikel hat er bereits dazu veröffentlicht. Eine seiner Arbeiten belegt, dass konservative Menschen über andere Dinge lachen als liberale. Konservative bevorzugen Witze, die nach einer einfachen Schablone funktionieren, etwa Schotten- oder Blondinenwitze. Hier wird das Erwartbare angesprochen. Liberal eingestellte Menschen bevorzugen grotesken Humor vom Typ "Monty Python". Wenn jemand einen Witz nicht komisch findet, kann es also auch an der Weltanschauung liegen. Hier ist Vorsicht geboten, um ein Team nicht völlig zu entzweien. Mit Humor Hemmschwellen senken Generell aber gilt: "Humor schafft Gemeinschaft", erklärt Kai Geisslreither, Coach für Führungskräfte bei der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) in Montabaur. "Er senkt die Hemmschwellen und führt zu mehr Nähe." Aus seiner Sicht ist Humor ein wunderbares Instrument, um Tabus zu brechen. Denn in Unternehmen bestehen hierarchische Beziehungen – selbst wenn diese flach gehalten werden sollen, ist das nicht zu leugnen. Humor ist geeignet, Tabus zu brechen und Dinge zu sagen, die sonst aufgrund der Hierarchien unter den Teppich gekehrt würden. Solche unterdrückten Dinge bergen die Gefahr, zum unpassendsten Zeitpunkt zu eskalieren. Humor kann sie entschärfen oder verhindern, indem frühzeitig auch über tabuisierte Aspekte gesprochen wird. Und Konflikte, die offen ausgesprochen werden, lassen sich leichter lösen als verborgene. Geisslreither erlebt bei seinen Einsätzen in Unternehmen, wie Humor spontan eingesetzt wird, um Tabus anzusprechen. Eine Führungskraft stand in dem Ruf, stets sehr lange Meetings abzuhalten. Das genervte Team schenkte ihm zum Geburtstag eine Sanduhr – ein Wink mit dem Zaunpfahl, mehr auf die Zeit zu achten. Ein Lacher und das Thema war angesprochen, ohne jemanden zu verletzen. "Führungskräfte, die über sich selbst lachen können, strahlen Souveränität und Selbstbewusstsein aus", sagt der ADG-Coach. "Daher gehört Humor zu den wichtigen Skills." Humor schafft Arbeitgeberimage Fachkräfte werden nach wie vor händeringend gesucht, zumindest solche mit begehrten Qualifikationen in IT und Technik. Unternehmen achten daher mehr denn je auf ihr Image als Arbeitgeber. "Humor erhöht die Arbeitgeberattraktivität", sagt Kai Geisslreither. "Er bindet auch die jetzigen Mitarbeitenden an ihr Unternehmen." Denn wer gerne und viel im Team lacht, wird dieses nicht verlassen. Die Hürden für einen Wechsel steigen, denn bei einer Bewerbung weiß man nie, ob im neuen Team auch solch lockere Stimmung herrscht. Humor ist nicht zu verwechseln mit Albernheit. Es soll gelacht werden, aber nicht über alles. Geisslreither zitiert eine Faustregel: Religion, Politik und körperliche Eigenschaften sind beim Thema "Humor" Tabu. "Humor braucht oft ein Opfer, da muss man sich als Chef überlegen, wen aus dem Team darf es treffen." Geisslreither empfiehlt Selbstironie oder Witze über "den mit den breitesten Schultern, der das hinnehmen kann". Über Fehler lachen Echte Missgeschicke selbstironisch aufzugreifen, erfordert natürlich Mut. Bei Fuckup-Nights, stehen Fehler im Mittelpunkt. Die Teilnehmenden gestehen öffentlich ein, was falsch gelaufen ist. In den USA entstanden, ist das Format mittlerweile auch in Europa bekannt. Es dient dazu, eine Fehlerkultur zu etablieren und aus den Missgeschicken anderer zu lernen. "Zunächst herrscht eine steife Atmosphäre", hat Geisslreither beobachtet. "Doch sobald einer den Anfang macht und erzählt, was er verbockt hat, lachen sich alle schief." Das sei befreiend und helfe, eigene Fehler einzugestehen als erster Schritt zur Analyse, wie sie in Zukunft vermieden werden können. Humor als Therapie Aus der Psychotherapie stammt der Ansatz, humorvolle Provokationen zu nutzen, um festgefahrene Situationen aufzubrechen, emotionale Widerstände zu überwinden und einen Perspektivwechsel zu erreichen. Diese Idee wurde zunächst von Frank Farrelly in den USA entwickelt. In dieser Tradition sieht sich Charlotte Cordes vom Deutschen Institut für Provokative Therapie (DIP) in München. "Man traut dem Gegenüber zu, sich selbst aus einer Situation zu befreien. Um das anzustoßen, hält man ihm einen Zerrspiegel vor", beschreibt sie den Ansatz, der unter dem Kürzel "LKW" zusammengefasst wird, was für "liebevolles Karikieren des Weltbilds" des Klienten stehe. Mit Humor könne man den "Elefanten" ansprechen, der im Raume stehe, aber von allen bewusst übersehen werde, und diesen karikieren. Unternehmen buchen Cordes regelmäßig für Teamsupervisionen und Workshops. Überall, wo Menschen miteinander kommunizieren müssen, gibt es ungeklärte Konflikte, hat Cordes festgestellt. Humor und Herausforderung könnten helfen, die Haltung der Beteiligten zu verändern. "Die meisten neigen dazu, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Leider funktioniert das nie." Den Zerrspiegel vorhalten Der provokative Ansatz nutzt das Mittel der Übertreibung und Persiflage, um eine Situation so stark zuzuspitzen, bis man darüber lachen kann. Das kann helfen, einen Ausweg zu finden. Einem zerstrittenen Paar wird gesagt: "Zerfleischt euch nur weiter, denn es gibt keinen anderen Weg." Das regt dazu an, darüber nachzudenken, welche alternativen Wege bestehen, etwa einander zuzuhören, Kompromisse zu finden oder ähnliches. "Bei aller Provokation muss man auf eine wohlwollende Haltung achten und niemanden abwerten", betont Charlotte Cordes. Außerdem müsse man als Coach zunächst nichts verändern wollen, sondern nur die Situation spiegeln, und das in übertriebener Weise. Wenn man ein Team mit schrägem Blick betrachte, helfe es, festgefahrene Situationen zu entspannen. "Wenn die Leute darüber lachen können, was ich ihnen spiegele, ist schon viel Freiheit gewonnen", so Cordes. Sie gibt bei ihren Interventionen kein Ziel vor. Doch sie bekommt häufig eine Rückmeldung, wie viel sich nach ihren Workshops verändert habe. "Der provokative Ansatz wirkt wie die Bewegung einer Schneekugel – alle Flocken fallen danach an einen anderen Ort." Anders ausgedrückt lässt sich festhalten: Es entsteht Veränderung in einem festgefahrenen System. Mit Humor Emotionen erreichen Damit sich das Gegenüber durch den provokativen Ansatz nicht abgewertet und vorgeführt fühlt, muss der Coach wohlwollend auftreten. "Zynismus und Sarkasmus sind fehl am Platz, weil sie von oben herab agieren", betont Cordes. Auch der moralische Zeigefinger führe nicht weiter. Beim provokativen Ansatz traut der Coach den Klientinnen und Klienten mehr zu als diese sich selbst. Letztlich dienen Humor und Provokationen dazu, die emotionale Ebene des Menschen auf empathische Art und Weise anzusprechen. Denn viele Konflikte sind rational nicht zu lösen. "Wir sind alle sehr stolz auf unser Hirn und unsere Ratio, aber bei emotionalen Themen bringen rationale Argumente meist nicht weiter", betont Cordes. "Man muss sich um die Emotionen kümmern, die dahinterstecken, sonst passiert nichts." Interventionen können aber manchmal auch scheitern. Denn schließlich ist kein Mensch perfekt. Deshalb hat Cordes einen Leitspruch gewählt: "Stay happy, when you fail"; "Bleib locker, wenn du scheiterst" – und probiere einfach was Neues. Der Beitrag ist erschienen in neues lernen, Ausgabe 3/2025, das Fachmagazin für Personalentwicklung. Lesen Sie das gesamte Heft hier in der Desktop-Version oder in der App personalmagazin - neues lernen. In der App finden Sie auch die aktuellen News rund um "neues lernen" und den Podcast für die betriebliche Lernszene. Kristina Enderle da Silva und Julia Senner hinterfragen im Podcast "neues lernen" aktuelle Lerntrends, liefern Fakten und geben Einblicke in die Unternehmenspraxis.

Jung, agil, voller neuer Ideen: Frischgebackene Führungskräfte haben generell einen guten Ruf. Doch besonders Menschen, die intern zur Führungskraft befördert werden, tun sich oft schwer mit ihrer neuen Rolle. Fünf klassische Fehler und wie sie vermieden werden können. Der Wechsel in die erste Führungsrolle gehört zu den prägendsten Momenten einer beruflichen Laufbahn. Die Beförderung bringt Anerkennung, neue Gestaltungsspielräume und gleichzeitig einen hohen Erwartungsdruck. Dabei entpuppt sich der lang ersehnte Karriereschritt in der Praxis häufig als Herausforderung mit Stolperpotenzial. Der Grund: Der Wechsel in die erste Führungsposition bedeutet nicht nur neue Aufgaben, sondern auch einen radikaler Rollenwechsel. Statt als Fachexpertin oder -experte immer im Team zu agieren, gilt es nun, Orientierung zu geben, Entscheidungen zu treffen und Konflikte zu moderieren. Besonders heikel wird es zusätzlich, wenn aus ehemaligen Kolleginnen und Kollege plötzlich direkte Mitarbeitende werden. Tipps für neue Führungskräfte Fünf Fehler lassen sich immer wieder beobachten. Sie machen es Führungskräften schwer, in der neuen Rolle Fuß zu fassen. Wo die Fehler liegen und was dagegen hilft: 1. Weiterarbeiten wie bisher: Viele neue Führungskräfte behalten ihren alten Arbeitsstil bei. Sie erledigen weiterhin operative Aufgaben, springen bei jeder Kleinigkeit ein und verlieren dabei die eigentlichen Führungsaufgaben aus dem Blick. Die Folge: Die Führungskraft bleibt zu sehr im Tagesgeschäft verhaftet und vernachlässigt die strategischen Führungsaufgaben. Dadurch bleibt das Team orientierungslos und wichtige Entwicklungen werden verpasst. Was hilft: Der bewusste Wechsel vom "Mitarbeitenden" zum "Führenden". Zum Beispiel durch professionelle Delegation von operativen Aufgaben an Mitarbeitende. Das schafft Freiraum für strategische Themen. Ein weiteres Standbein sind regelmäßige Mitarbeitergespräche. Diese kann man dann nutzen, um konstruktives Feedback zu geben und den Rahmen für die zukünftigen Aufgaben abzustecken. 2. Der verlängerte Kumpelmodus: Gerade bei internen Beförderungen passiert dies oft. Die Führungskraft nimmt die neue Rolle nicht vollständig an und will "eine von ihnen" bleiben. Aus Angst vor Konflikten oder Unbeliebtheit wird dann Autorität vermieden und Entscheidungen immer wieder vertagt. Die Folge: Unklarheit, fehlende Orientierung und ein Führungsvakuum, in dem Missverständnisse und Konflikte unter der Oberfläche gären. Was hilft: Eine offene Kommunikation über die neue Rolle und klare Absprachen. Hierzu kann man gemeinsam mit dem Team Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnisse genau definieren. Diese müssen dann natürlich klar eingehalten werden. Darüber hinaus sollte die Führungskraft konsequent die eigenen Entscheidungen treffen und zu diesen stehen. Nähe und Führung schließen sich dabei nicht aus, solange die Rollengrenzen transparent sind. 3. Entscheidungsschwäche aus Unsicherheit: Entscheidungen werden hinausgezögert, um es allen recht zu machen. In der Absicht, das Team einzubinden, wird häufig Führung vermieden. Die Folge: Wenn Entscheidungen ausbleiben, wird Handlungsfähigkeit blockiert. Das bedeutet, dass sich Projekte verzögern, Unklarheit über die Zukunft herrscht und das Vertrauen in die Führung schwindet. Was hilft: Klare Entscheidungen müssen auch unter Unsicherheit getroffen werden. Nicht die perfekte Lösung zählt, sondern die Fähigkeit, handlungsfähig zu bleiben und Verantwortung zu übernehmen. Dabei kann die Führungskraft sehr gut für Verständnis und Akzeptanz sorgen, indem die Gründe für die klaren Entscheidungen dem Team transparent erklärt werden. Im nächsten Schritt kann man noch Rückmeldungen des Teams aktiv einfordern und nutzen, um Entscheidungen zu reflektieren und gegebenenfalls anzupassen. 4. Feedback wird vermieden: Aus Sorge, andere zu verletzen oder als überheblich zu gelten, wird auf kritisches Feedback verzichtet. Doch damit erreicht man genau das Gegenteil. Die Folge: Ohne Feedback entstehen blinde Flecken bei den Mitarbeitenden. Leistungsprobleme werden nicht angesprochen und Missverständnisse sind vorprogrammiert. Langfristig stagniert sowohl die Entwicklung der und des Einzelnen sowie des gesamten Teams. Was hilft: Regelmäßig Feedbackgespräche, um Entwicklungen zu fördern und Missverständnisse zu klären. Dabei ist darauf zu achten, dass das Feedback konkret, konstruktiv und respektvoll gegeben wird. Dadurch wird mit der Zeit eine Atmosphäre geschaffen, in dem Feedback als Chance zur Weiterentwicklung gesehen wird. Zusatztipp: Das Loben nicht vergessen! 5. Keine Unterstützung annehmen: Viele glauben, sie müssten als Führungskraft plötzlich alles wissen. Fragen gelten als Schwäche, Fehler als Scheitern. Das führt zwangsläufig zur Isolierung. Die Folge: Das Risiko von Fehleinschätzungen steigt deutlich und langfristig droht die Gefahr der Überforderung. Was hilft: Die Bereitschaft, sich Unterstützung zu holen. Das kann zum Beispiel durch den vertrauensvollen Austausch mit anderen Führungskräften geschehen. Untersützen können zudem externe Angebote wie Business Coaching oder Beratung. Den Übergang in die Führung meistern Die erste Führungsrolle ist kein Selbstläufer. Sie verlangt eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle, klare Kommunikation und die Bereitschaft, neue Kompetenzen zu entwickeln. Der Übergang zur Führungskraft ist eine anspruchsvolle Phase, die mit vielen Herausforderungen verbunden ist. Doch durch bewusste Reflexion, klare Kommunikation und die Bereitschaft, Unterstützung anzunehmen, können neue Führungskräfte ihre Rolle souverän gestalten und erfolgreich ausfüllen. Dabei lässt sich viel gewinnen. Denn wer sich auf diesen Prozess einlässt, kann nicht nur fachlich, sondern auch persönlich enorm wachsen. Das Gute daran ist, dass man es mit der richtigen Haltung, Lernbereitschaft und der Offenheit für Unterstützung selbst in der Hand hat. Diese Unterstützung kann dabei durch Kollegen, Vorgesetzte oder einen erfahrenen Coach geschehen. Wichtig ist dabei, dass ein Vertrauensverhältnis vorliegt und die Person die Kompetenz hat, neue Perspektiven zu eröffnen, sowie dabei helfen kann, mögliche blinde Flecken zu erkennen. So können frische Führungskräfte nicht nur souverän Ihre Rolle gestalten, sondern auch die Sicherheit und Klarheit gewinnen, die für langfristigen Erfolg entscheidend sind.

Wer mit seinem Auto auf seinen Vordermann auffährt, hat unter Haftungsaspekten in der Regel schlechte Karten. Doch es gibt auch Situationen, in denen der Anscheinsbeweis erschüttert wird und den Vordermann eine erhebliche Mithaftung trifft. Der Unfall ereignete sich auf einer Autobahn an einer unübersichtlichen Stelle bei dichtem Verkehr. Der Fahrer eines Ford Ranger war auf der dreispurigen Autobahn zuerst auf der linken Spur unterwegs. Als sich die Fahrbahn aufgrund einer Baustelle auf zwei Spuren verengte, begann er, sein Fahrzeug in Richtung des mittleren Fahrstreifens zu manövrieren. Spurwechsel wieder rückgängig gemacht Doch diesen Spurwechsel schloss er nicht ab. Als er bemerkte, dass das Verkehrsaufkommen auf der mittleren Spur sehr hoch war – er hatte die Fahrbahn erst zur Hälfte gewechselt – schwenkte er wieder auf die linke Spur zurück, ebenso wie das vor ihm fahrende Auto. Kurz nach dieser Aktion wurde das vorausfahrende Fahrzeug innerhalb kurzer Zeit bis zum Stillstand abgebremst. Der Ford-Fahrer brachte sein Fahrzeug auch noch zum Stehen. Doch das hinter ihm fahrende Auto schaffte das nicht mehr und fuhr auf den Ford auf, bei dem der Schaden auf 60.000 EUR taxiert wurde. Atypischer Geschehensablauf steht Anscheinsbeweis entgegen Vor Gericht musste die Haftungsfrage geklärt werden und die fiel nicht so klar aus, wie es vielleicht zu erwarten gewesen wäre. Der grundsätzlich gegen den Auffahrende geltende Anscheinsbeweis greife im vorliegenden Fall nicht, entschied das OLG Frankfurt und begründete dies im Einzelnen so: Die unklare Verkehrslage und der atypische Geschehensablauf stehen dem Anscheinsbeweis entgegen. Es spreche gegen den Anscheinsbeweis, dass der Fahrer des Ford im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Unfall einen bereits zur Hälfte vollzogenen Fahrstreifenwechsel unvermittelt abgebrochen habe. Auch habe der Ford-Fahrer eingeräumt, das Fahrzeug des Auffahrenden auf dem linken Fahrstreifen nicht gesehen zu haben. Dies spreche dagegen, dass er vor seinem „Schlenker“ zurückgeschaut und sich so über den rückwärtigen Verkehr auf der linken Spur versichert habe. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass der Ford-Fahrer vor dem Wechsel auf die linke Fahrbahn geblinkt und somit den Abbruch des zunächst begonnenen Fahrstreifenwechsels angezeigt habe. Ford-Fahrer hätte mit abruptem Abbremsen vorausfahrender Fahrzeuge rechnen müssen Allerdings treffe den Ford-Fahrer auch nicht die Alleinschuld an dem Auffahrunfall, so das OLG. Dagegen spreche die unklare Verkehrslage im Hinblick auf das Enden der vom Beklagten benutzten Fahrspur und außerdem das starke Verkehrsaufkommen, bei dem jederzeit mit dem abrupten Abbremsen vorausfahrender, die Spur wechselnder Fahrzeuge zu rechnen gewesen sei. Letztlich schloss das Gericht, dass beide Parteien einen gleichartigen Anteil an der Entstehung des Unfalls haben. Die Haftungsquote beträgt je 50 %. (OLG Frankfurt, Urteil v. 29.4.2025, 9 U 5/24)

Widerspricht ein Mieter einer Kündigung unter Berufung auf eine gesundheitliche Härte, muss er die Umstände, die die Härte begründen, medizinisch fundiert untermauern. Das kann durch das Attest eines Facharztes erfolgen, aber auch andere medizinisch qualifizierte Stellungnahmen können ausreichen. Hintergrund: Mieter widerspricht Eigenbedarfskündigung Der Vermieter einer Wohnung verlangt vom Mieter nach einer Kündigung wegen Eigenbedarfs die Räumung der Wohnung. Der Mieter widersprach der Kündigung unter Berufung auf gesundheitliche Härtegründe. Zur Begründung legte er eine "Stellungnahme über Psychotherapie" eines sich als Psychoanalytiker bezeichnenden Behandlers vor. Im Briefkopf sind die Tätigkeitsfelder des Behandlers unter anderem als "Psychoanalyse" und "Psychotherapie (HPG)" bezeichnet. In der Stellungnahme heißt es, es fänden regelmäßig einmal wöchentlich psychotherapeutische Sitzungen mit dem Mieter statt. Dieser leide an einer akuten Depression und emotionaler Instabilität verbunden mit Existenzängsten, die ihn zeitweise arbeitsunfähig machten. Ein Umzug führe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes. Amts- und Landgericht hielten den Widerspruch gegen die Kündigung für unbegründet und gaben der Räumungsklage statt. Das Landgericht meinte, der Mieter habe Härtegründe, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses rechtfertigen, schon nicht hinreichend dargelegt, so dass auch kein Sachverständigengutachten einzuholen sei. Die vorgelegte Bescheinigung sei schon deshalb unerheblich, weil sie nicht von einem Facharzt stamme, und überdies nicht aussagekräftig. Entscheidung: Härte kann auch ohne fachärztliches Attest dargelegt werden Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Nach der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter kann ein Mieter der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Das ergibt sich aus § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB. Einen Härtegrund kann es darstellen, wenn für den Mieter mit einem Umzug erhebliche gesundheitliche Risiken verbunden wären. Dabei obliegt es dem Mieter, die Umstände darzulegen und zu beweisen. Der erforderliche hinreichend substantiierte Sachvortrag des Mieters zu einer gesundheitlichen Härte im Sinne von § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB kann durch Vorlage eines ausführlichen fachärztlichen Attests untermauert werden. Anders als das Landgericht meint, ist ein fachärztliches Attest aber nicht zwingend. Auch eine ausführliche Stellungnahme eines hinsichtlich des geltend gemachten Beschwerdebildes medizinisch qualifizierten Behandlers – etwa eines Psychotherapeuten – kann ausreichen, wenn sie die Auswirkungen eines Umzugs auf die Gesundheit des Mieters nachvollziehbar darlegt. Entscheidend sind die konkreten Umstände und der Inhalt der Stellungnahme, nicht allein die Qualifikation des Behandlers. Das Landgericht durfte daher die vorgelegte Stellungnahme nicht deshalb unbeachtet lassen, weil sie nicht von einem Facharzt stammte, und muss nun klären, inwieweit medizinische Härtegründe vorliegen, die einen Widerspruch gegen die Kündigung rechtfertigen. (BGH, Urteil v. 16.4.2025, VIII ZR 270/22) § 574 BGB Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung (1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. ...

Die neue DIN SPEC 91524 dient als Leitfaden für Compliance-Management-Systeme in KMU. Sie soll eine Orientierungshilfe darstellen um Compliance-Risiken zu identifizieren, Verstöße aufzudecken und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Unternehmen sehen sich stetig wachsenden gesetzlichen Anforderungen gegenüber. Bei Verstößen drohen hohe Geldbußen (siehe 1). Geschäftsleiter müssen organisatorisch gewährleisten, dass Mitarbeiter Gesetze einhalten (siehe 2). Kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) fehlen häufig die Ressourcen für Compliance. Eine kürzlich veröffentlichte DIN-Norm will Abhilfe schaffen. Sie enthält einen Leitfaden mit Handlungshinweisen und einem Selbstcheck (siehe 3). Der Leitfaden bietet einen guten Überblick über wesentliche Compliance-Themen (siehe 4). 1 Zunehmende gesetzliche Anforderungen und steigende Sanktionsrahmen Unternehmen sehen sich einer Flut gesetzlicher Vorgaben gegenüber, die häufig sanktionsbewehrt sind. Werden aus einem Unternehmen heraus betriebsbezogene Pflichten verletzt, die Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten sind, können Geldbußen von bis zu 1 Mio. EUR gegen Führungskräfte und Unternehmensgeldbußen von bis zu 10 Mio. EUR verhängt werden (oder höher, um den wirtschaftlichen Vorteil aus der Pflichtverletzung abzuschöpfen). Einzelne Gesetze und EU-Verordnungen sehen sogar umsatzbezogene Geldbußen vor. Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung oder den Data Act können mit Geldbußen von bis zu 4 % des weltweit erzielten Jahresumsatzes geahndet werden. Bei Verstößen gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz liegt die Höchstgrenze bei 2 % des weltweit erzielten Jahresumsatzes. Der AI Act zieht erst bei 7 % eine Grenze. 2 Compliance-Verantwortung der Geschäftsleitung Gesetzesverstöße in Unternehmen müssen verhindert werden. Geschäftsleiter müssen sich nicht nur selbst rechtstreu verhalten, sondern das Unternehmen so organisieren und beaufsichtigen, dass keine Rechtsverstöße begangen werden. Übersteigt das Risiko von Rechtsverstößen eine bestimmte Schwelle, müssen Compliance-Maßnahmen ergriffen werden, die die Begehung von Rechtsverstößen verhindern (LG München I, 5 HK O 1387/10; OLG Nürnberg, 12 U 1520/19). Die Aufsichtspflicht der Leitungsorgane einer Konzernobergesellschaft kann sich auf Compliance-Verstöße in Tochtergesellschaften erstrecken, wenn die Leitungsorgane tatsächlich Einfluss auf die Tochtergesellschaft nehmen (OLG München, 3 Ws 599/14 und 3 Ws 600/14). Kommt es zu Compliance-Verstößen, müssen sie aufgeklärt, abgestellt und sanktioniert werden (LG München I, 5 HK O 1387/10). Die Geschäftsleitung muss regelmäßige Kontrollen und auch überraschende, stichprobenartige Überprüfungen vornehmen (OLG Nürnberg, 12 U 1520/19). Vor oder auch nach dem Rechtsverstoß ergriffene Compliance-Maßnahmen sind bußgeldmindernd zu berücksichtigen (BGH, 1 StR 265/16). 3 Leitfaden für Compliance-Management-Systeme in KMU Gerade KMU fehlen häufig die Ressourcen, um die wachsenden Compliance-Anforderungen zu erfüllen. Der kürzlich veröffentlichte Leitfaden für Compliance-Management-Systeme in kleinen und mittleren Unternehmen ( DIN SPEC 91524) will Abhilfe schaffen und KMU ein Instrument an die Hand geben, mit dessen Hilfe Compliance-Risiken ermittelt, Schwachstellen festgestellt und behoben werden können. Ziel des Leitfadens sind einfache und praktikable Lösungen. Die Arbeitsfähigkeit des Unternehmens soll nicht eingeschränkt werden. Ein Schwerpunkt wird auf die Kommunikation gelegt. 3.1 Compliance-Risiken Nach einer Beschreibung der Unternehmensprozesse führt der Leitfaden typische Compliance-Risiken von KMU auf. Dazu zählen Arbeitsstrafrecht (Arbeitszeit, Betriebssicherheit, illegale Beschäftigung, Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, Mindestlohn, Arbeitnehmerüberlassung), Außenwirtschaftsrecht (Exportkontrolle, Kapital- und Zahlungsverkehr) Datenschutz (Verarbeitung personenbezogener Daten), Geheimnisschutzstrafrecht, Geldwäsche, Cyber-Risiken, Korruption (im privaten Geschäftsverkehr, Amts- und Mandatsträger), Lieferkettenhaftung (Kinderarbeit, Zwangsarbeit, sichere Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung), Umweltstrafrecht sowie Wettbewerbs- und Kartellrecht. 3.2 Handlungsempfehlungen Sodann gibt der Leitfaden Hinweise zur Verhinderung (Prävention) und Aufdeckung (Detektion) von Compliance-Verstößen sowie zu Folgemaßnahmen (Reaktion) für festgestellte Compliance-Verstöße. Zu den Präventionsmaßnahmen zählen u.a. Verhaltenskodex, Richtlinien, Schulungen sowie eine sachgerechte Aufbau- und Ablauforganisation. Die Aufdeckung von Compliance-Verstößen wird maßgebend ermöglicht durch regelmäßige Kontrollen (und unangekündigte stichprobenhafte Überprüfungen), Audits sowie die Einrichtung eines Hinweisgebersystems. Werden Compliance-Verstöße festgestellt, sollen klar kommunizierte und angemessene Sanktionen greifen. 3.3 Compliance-Selbstcheck Im Anhang enthält der Leitfaden einen Compliance-Selbst-Check mit Fragen, Erläuterungen und Handlungsempfehlungen. Allgemeine Fragen zu compliance-relevanten Aspekten und spezifische Fragen zu den verschiedenen Unternehmensprozessen werden jeweils um Erläuterungen ergänzt. Handlungsempfehlungen helfen, Lücken im Compliance-Management-System zu schließen oder bestehende Compliance-Maßnahmen zu verbessern. 4 Fazit Der Leitfaden ist ein gutes Werkzeug für KMU, um einen Überblick über Compliance-Risiken zu gewinnen, einzuschätzen, wo das Unternehmen steht, und strukturiert risikoreduzierende Maßnahmen zu ergreifen.