Das Europäische Parlament und der Rat der EU haben im Hinblick auf die von der EU-Kommission im Dezember 2021 vorgeschlagene Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeiterinnen und Plattformarbeitern eine Einigung erzielt. Beschäftigte von Online-Diensten werden dadurch künftig fairere Arbeitsbedingungen und mehr Rechtssicherheit haben.
Immer mehr Menschen arbeiten für digitale Plattformen. In der EU sind es rund 28 Millionen. Die EU-Kommission hatte deshalb einen Vorschlag für einen EU-Richtlinie vorgelegt, dessen Ziel es war, menschenwürdige Arbeitsbedingungen für all diejenigen zu gewährleisten, die ihr Einkommen aus der Arbeit für Online-Dienste beziehen. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, in den vollen Genuss der ihnen zustehenden Arbeitsrechte und Sozialleistungen kommen.
Auf diese Richtlinie haben sich das EU-Parlament und der Rat der EU am 13. Dezember 2023 verständigt.
Selbstständigkeit oder abhängige Beschäftigung?
Wer für Online-Plattformen arbeitet, wird oft fälschlicherweise als selbstständig eingestuft. In einzelnen Mitgliedstaaten haben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bereits ihren Beschäftigtenstatus klären lassen. So auch in Deutschland: In einem ersten Urteil hatte das BAG einen Crowdworker als Arbeitnehmer eingestuft, der per App Aufträge zur Warenkontrolle erhielt.
Klare Kriterien für Beschäftigtenstatus
Mit der neuen EU-Richtlinie soll verhindert werden, dass Plattformbeschäftigte in der Scheinselbstständigkeit landen. Es sind deshalb feste Kriterien vorgesehen, auf deren Grundlage die Behörden der Mitgliedsstaaten einstufen können, ob Plattformmitarbeitende als Selbstständige oder als Beschäftigte des digitalen Dienstleisters tätig werden. Sind Plattformbeschäftigte anhand der vorgegebenen Kriterien als Arbeitnehmende einzustufen, sollen sie Anspruch auf die entsprechenden Arbeitnehmerrechte wie bezahlten Urlaub, geregelte Arbeitszeiten oder auf den vor Ort geltenden Mindestlohn haben.
Mehr Transparenz bei Algorithmen
Wer für eine digitalen Plattform tätig ist, erhält Aufträge oftmals einzig und allein über eine App. Hier bringt die neue Richtlinie mehr Transparenz darüber, welche Algorithmen der Beauftragung zugrunde liegen. Plattformarbeitende erhalten ein Recht auf transparente, nicht-diskriminierende und ethische Algorithmen. Zudem sollten algorithmische Funktionen wie Aufgabenzuweisung, Bewertungen, Preisgestaltung und Deaktivierungsverfahren stets verständlich erklärt und klar kommuniziert werden.
Die Richtlinie verlangt außerdem eine menschliche Aufsicht über automatisierte Systeme, um die Einhaltung der Arbeitsbedingungen sicherzustellen und sieht das Recht vor, automatisierte Entscheidungen wie die Kündigung oder die Sperrung von Konten anzufechten.
Darüber hinaus wird digitalen Arbeitsplattformen die Erfassung personenbezogener Daten erschwert. Daten über den emotionalen oder psychischen Zustand einer Person zu verarbeiten oder KI-Tools zu nutzen, um beispielsweise vorherzusagen, ob Arbeitnehmer einer Gewerkschaft beitreten oder in einen Streik treten wollen, ist verboten. Beschäftigte, die über Plattformen arbeiten, behalten das Recht, ihre Daten von einer Plattform auf eine andere zu übertragen, wodurch die Datenportabilität und die Möglichkeit eines nahtlosen Wechsels zwischen Plattformen gewährleistet werden.
Persönliche Ansprechpartner für Plattformarbeitende
Die neue Richtlinie soll für einen besseren sozialen Dialog zwischen den Plattformbetreibern und den für sie tätigen Menschen sorgen. Es sind unter anderem persönliche Ansprechpartner für die Plattformtätigen vorgesehen. Die Plattformen werden aufgefordert, Kommunikationskanäle einzurichten, damit Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und ihre Vertreter sich organisieren können.
Datenaustausch bei grenzüberschreitender Plattformarbeit
Der digitale Dienstleister befindet sich oft in einem EU-Mitgliedsstaat, während die Kuriere oder digital Arbeitenden häufig auch von anderen EU-Staaten aus tätig werden. Die Richtlinie verbessert die Durchsetzung und Rückverfolgbarkeit der Plattformarbeit, insbesondere in grenzüberschreitenden Situationen, indem sie Plattformen verpflichtet, die Arbeit in dem Land zu melden, in dem sie stattfindet. Die Richtlinie erlegt den Plattformen die Pflicht auf, ihre Arbeit zu melden und den nationalen Behörden Informationen über ihre Aktivitäten und die für sie arbeitenden Personen zur Verfügung zu stellen. Dies soll den Mitgliedstaaten ermöglichen, sich ein klareres Bild von der Zahl der Plattformarbeiter und ihrer Situation zu machen, und die nationalen Behörden in die Lage versetzen, bestehende Verpflichtungen der Plattformen, einschließlich derjenigen im Zusammenhang mit Sozialversicherungsbeiträgen, durchzusetzen.
Wie geht es weiter?
Nach der Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der europäischen Union haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.