Das Bundeskabinett hat am 29. März 2023 einen Gesetzentwurf zur Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen. Damit soll ausländischen Fachkräften der Weg in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtert werden. Was genau ist geplant?
Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig und branchenübergreifend. Damit ausländische Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern künftig leichter in Deutschland arbeiten können, will die Bundesregierung ein moderneres Einwanderungsrecht auf den Weg bringen. Den entsprechenden Gesetzentwurf zur Reform des Einwanderungsgesetzes hat das Bundeskabinett am 29. März 2023 beschlossen. Vorgesehen sind einige Erleichterungen: So sollen berufserfahrene Fachkräfte künftig auch ohne in Deutschland anerkannten Abschluss tätig werden dürfen. Zudem sollen Drittstaatsangehörige, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen, mit einer Chancenkarte zur Suche eines Arbeitsplatzes einreisen dürfen.
Fachkräftesäule als zentrales Element der Einwanderung
Der Referentenentwurf sieht ein Drei-Säulen-Modell vor, auf das die Fachkräfteeinwanderung gestützt werden soll: Fachkräftesäule, Erfahrungssäule und Potenzialsäule. Zentrales Element der Einwanderung soll die Fachkräftesäule bleiben. Diese soll es Menschen aus Drittstaaten mit einem deutschen oder einem in Deutschland anerkannten Abschluss ermöglichen, in allen qualifizierten Beschäftigungen zu arbeiten. Die "Blaue Karte EU" mit ihren günstigen Bedingungen für Familiennachzug, einen unbefristeten Aufenthalt und den Jobwechsel sollen künftig noch mehr Fachkräfte mit Hochschulabschluss erhalten können. Deutschland setzt damit die Regelungen der reformierten "Blue Card“ -EU-Richtlinie für hochqualifizierte Einwanderer um.
Unter anderem ist geplant, die Mindestverdienstgrenze für akademische Fachkräfte zu senken. Auch Menschen ohne Hochschulabschluss, aber mit dreijähriger Berufsausbildung sollen zudem bei Vorliegen eines konkreten Arbeitsangebotes eine Blue Card erhalten können. Zudem sollen IT-Spezialistinnen und -Spezialisten künftig unter bestimmten Voraussetzungen eine Blaue Karte EU erhalten können, wenn sie zwar keinen Hochschulabschluss besitzen, aber bestimmte non-formale Qualifikationen nachweisen können. Neu ist, dass Fachkräfte künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben können sollen: Eine als Kauffrau für Büromanagement anerkannte Fachkraft soll auch im Bereich Logistik als Fachkraft beschäftigt werden können.
Erfahrungssäule: Berufserfahrung und ausländischer Abschluss
Auch ohne, dass ihr Abschluss in Deutschland formal anerkannt ist, sollen ausländische Fachkräfte künftig in nicht reglementierten Berufen in Deutschland arbeiten dürfen. Voraussetzung sind mindestens zwei Jahre Berufserfahrung sowie ein im Herkunftsland staatlich anerkannter Berufsabschluss mit mindestens zweijähriger Ausbildungsdauer. Das bedeutet deutliche Vereinfachungen und somit kürzere Verfahren. Jedoch ist eine Gehaltsschwelle einzuhalten oder es muss eine Tarifbindung vorliegen. Hierdurch soll verhindert werden, dass eigentlich qualifizierte Fachkräfte im Niedriglohnsektor landen.
Neu ist auch, dass die Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland mit einer sogenannten Anerkennungspartnerschaft möglich sein soll, wenn die Gehaltsschwelle nicht erreicht wird. Die künftige Fachkraft kann dann in Deutschland bereits vom ersten Tag an eine Beschäftigung aufnehmen, obwohl ihr Berufsabschluss noch nicht anerkannt ist, soweit dies berufsrechtlich erlaubt ist. Dies gilt auch, wenn noch Qualifizierungen notwendig sind. Beschäftigte und Arbeitgeber verpflichten sich, das Anerkennungsverfahren zügig durchzuführen.
Potenzialsäule: Mit Chancenkarte zur Arbeitssuche
Mehr Menschen aus Drittstaaten, die noch keinen deutschen Arbeitsvertrag haben, aber einen ausländischen, mindestens zweijährigen Berufsabschluss, sollen die Möglichkeit zur Arbeitssuche vor Ort in Deutschland bekommen. Mit einer sogenannten Chancenkarte erhalten sie einen Aufenthaltstitel für bis zu einem Jahr zur Arbeitssuche. Während der Arbeitsplatzsuche ist eine Beschäftigung im Umfang von bis zu zwanzig Wochenstunden erlaubt, auch die Probebeschäftigung bei einem zukünftigen Arbeitgeber für bis zu zwei Wochen. Auch die Voraussetzung für eine Einreise zur Ausbildungssuche werden abgesenkt.
Wer eine Chancenkarte erhält, soll nach einem transparenten und unbürokratischen Punktesystem ausgewählt werden. Zu den Auswahlkriterien gehören Qualifikation, Sprachkenntnisse (neben Deutschkenntnissen zählen auch Englischkenntnisse), Berufserfahrung, Deutschlandbezug, das Alter. Des Weiteren wird auch das Potenzial des mitziehenden Ehe- oder Lebenspartners berücksichtigt.
Kurzeitige Beschäftigung in Branchen mit großem Bedarf
Der Gesetzentwurf sieht weiter die Möglichkeit einer kontingentierten kurzzeitigen Beschäftigung für Branchen mit besonders großem Bedarf vor. Darüber ist es unabhängig von einer Qualifikation möglich, acht Monate in Deutschland zu arbeiten. Voraussetzung ist ein tarifgebundener Arbeitgeber. Die Beschäftigung wird vom ersten Tag an sozialversicherungspflichtig sein.
Was bisher gilt: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Seit März 2020 gibt es das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Seit diesem Zeitpunkt können Fachkräfte mit einer ausländischen Berufsausbildung für sechs Monate einen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche erhalten. Voraussetzung hierfür sind deutsche Sprachkenntnisse und Lebensunterhaltssicherung. Bis dahin hatten Menschen aus Nicht-EU-Ländern nur mit einem Hochschulabschluss unbeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.
Fachkräfteeinwanderung: Weniger Bürokratie und mehr Unterstützung in Betrieben
Zentrales Anliegen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes war es, die Zuwanderung internationaler Fachkräfte zu erleichtern. Über die Möglichkeiten der Fachkräfteeinwanderung und die aktuellen Regelungen zur Einreise können sich Arbeitgeber über das Informationsportal "Make it in Germany" informieren.
Mit dem Gesetz wurde erstmalig einen einheitlichen Fachkräftebegriff eingeführt. Fachkräfte sind Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen sowie Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung.